Blick unter den Pandemie-Teppich
Der Ursprung des Virus Sars-Cov-2, das laut Weltgesundheitsorganisation WHO die Krankheit Covid-19 auslöst, ist weiter ungeklärt. Günter Theißen hat sich auf die Suche danach begeben und ein Buch darüber geschrieben.

Was ist von einem Buch zu halten, das sich auf die Suche nach Antworten auf ein Rätsel begibt, und dessen Autor am Ende aber nur feststellt: „Ich weiß es nicht, sonst hätte ich es Ihnen schon verraten.“? Dessen Autor zeigt, welche Rätsel es bei einem Thema gibt, aber nur verschiedene Möglichkeiten einer Lösung anbietet, ohne sich festzulegen. Ein solches Buch ist das von Günter Theißen über „Das Virus“, in dem er die Suche nach dem Ursprung von Covid-19 beschreibt.
Um es vorweg zu nehmen: Es ist zumindest ein interessantes Buch, weil es zeigt, dass es nicht nur eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Virus Sars-Cov-2 gibt. Der Autor belegt, dass diese Frage sich nicht nur mit einer Zoonose, also der Übertragung von einem Tier auf Menschen, beantworten lässt. Er widerlegt damit jene Wissenschaftler, vor allem international bekannte Virologen, die aus verschiedenen Gründen und Motiven von Beginn an nur die eine Antwort geben.
Theißen ist selbst Wissenschaftler und kennt sich als Biologe, Genetiker und Botaniker nicht nur mit dem Umgang mit Hypothesen und Theorien aus. Bemerkenswert ist, dass er von Anfang an die offiziellen Erklärungen zum Ausgangspunkt der am 11. März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgerufenen Covid-19-Pandemie zumindest anzweifelte. Er habe verwundert zur Kenntnis genommen, „was man so verdammt schnell alles darüber wusste“.
Vertrauen in Pandemie-Erklärung
Allerdings gehört es zu seinen erstaunlichen Aussagen, dass er sich zwar mit dem Buch dafür einsetzt, „statt blind Experten zu folgen, vorurteilsfrei und faktenbasiert die Wahrheit zu suchen“. Doch das beschränkt er leider nur auf die Frage, ob das neue Corona-Virus nun aus einer Fledermaus-Höhle oder aus einem Bio-Labor stammt. Dagegen stellt er die offiziellen Erklärungen über die Pandemie nicht in Frage und gibt diese unreflektiert wieder. So, wenn er schreibt, dass die Pandemie bis Mai 2022 nach offiziellen Angaben sechs Millionen Tote gefordert habe.
Er übernimmt leider die Erzählung, dass diese durch das Virus gestorben sind, ohne auf die Unklarheiten über die Todesursachen und die statistischen Methoden, diese zu erfassen, auch nur mit einem Wort einzugehen. Ebenso hinterfragt er nicht die diskussionswürdige Pandemie-Definition der WHO, die bekanntermaßen im April 2009 abgeschwächt wurde. Kurz vor der „Schweinegrippe“ im selben Jahr wurde die Passage, in der für eine Pandemie eine „beträchtliche Zahl von Toten“ vorausgesetzt wurde, weggelassen.
Und so nennt Theißen ausgerechnet die „Schweingrippe-Pandemie“ 2009 mit ihrem längst nachgewiesenen milden Verlauf als Beispiel dafür, dass Krankheitserreger durch die Massentierhaltung für Menschen gefährlich werden können. Ebenso wenig hinterfragt er die Rolle der WHO und ihrer Geldgeber in dem Geschehen damals wie heute. Dafür lobt er die „Wachsamkeit und schnelle Reaktionsfähigkeit“ vor allem asiatischer Länder als Vorbild, die vielleicht die globale Ausbreitung von Sars-Cov-2 verhindern hätte können.
Gegen Diffamierung anderer Sichten
Das gehört zu den Schwächen des Buches. Dessen Stärke ist es, zu belegen, dass neben der Hypothese von der Zoonose als Ursprung auch die von der Herkunft des Virus aus einem Labor beachtet und untersucht werden muss. Theißen weist dabei auf die Aktivitäten und Interessen von Virologen wie Peter Daszak, Christian Drosten und anderen hin.
Diese hatten frühzeitig einen natürlichen Ursprung behauptet und alle gegenteiligen Annahmen als „Verschwörungstheorien“ diffamiert. Während sie gleichzeitig seit Jahren zu jenen Wissenschaftlern gehören, die aktiv die „Gain of function“-Forschung (GOF-Forschung) betrieben. Das heißt, sie forschten und forschen daran, wie Viren und andere Erreger gezielt genetisch manipuliert werden können, um sie für Menschen gefährlich zu machen. Das dient angeblich nur der Vorbeugung und dem Schutz vor noch unbekannten Krankheiten und Pandemien. Es gehört aber auch in den Bereich der Biowaffen-Forschung, wie der Autor zumindest andeutet.
Er erinnert an zahlreiche Unfälle in Forschungslaboren in den zurückliegenden Jahrzehnten. Schon deshalb dürfe nicht per se ausgeschlossen werden, dass mit Sars-Cov-2 ein genetisch manipuliertes Virus durch einen solchen Unfall unter die Menschen kam. Er erwähnt zahlreiche skeptische Wissenschaftler, die den vorschnellen Zoonose-Erklärungen misstrauten, so den Physiker Roland Wiesendanger und eine Reihe französischer Wissenschaftler. Mit einigen von ihnen hat Theißen versucht, öffentlich auf Merkwürdigkeiten bei den etablierten Ursprungserklärungen aufmerksam zu machen.
„Büchse der Pandora“
Theißen warnt: „Würden die Ermittlungen zum Ursprung von Sars-Cov-2 eingestellt, könnte dies auch zu einem gefährlichen Präzedenzfall werden.“ Er sieht diese Gefahr allerdings nur bei „verbrecherischen Regimes oder Terroristen“, die unerkannt gezielt tödliche Viren einsetzen könnten. Auf all die Fragen zur Covid-19-Pandemie, ihren Hintergründen und den Nutznießern in den führenden Industriestaaten geht der Autor nicht weiter ein. Selbst dann nicht, wenn er schreibt: „Man ist es den Opfern der Covid-19-Pandemie schuldig, den Grund für die Katastrophe ausfindig zu machen – gerade deshalb, weil ein menschliches Zutun nicht ausgeschlossen werden kann.“
Dabei müssen bei der Frage nach dem Ursprung auch die Motive und Interessen hinter der Pandemie in den Blick genommen werden. Das gilt gerade in einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen System, in dem Gesundheit und medizinische Forschung längst Quellen für Profitmacherei geworden sind. Autoren wie Paul Schreyer, Kees van der Pijl, Wolfgang Wodarg oder Thomas Röber haben dazu mehr beigetragen. Immerhin warnt Theißen davor, dass mit der GOF-Forschung die „Büchse der Pandora“ geöffnet wurde. Er fordert, dass Experimente „mit besonders gefährlichen Viren, darunter Coronaviren, ähnlich wie Chemiewaffen weltweit geächtet werden“.
Der Autor spricht sich angesichts der unbekannten Ursprungsvorgänge bei der Covid-19-Pandemie dafür aus, sogenannte Whistleblower, die offizielle Geheimnisse ans Licht der Öffentlichkeit bringen, rechtlich zu schützen und zu stärken. Und er schreibt, „der Öffentlichkeit muss klargemacht werden, dass es ‚die Wissenschaft‘ nicht gibt. Selbst in den als besonders streng geltenden Naturwissenschaften existieren kontroverse Debatten. Sie sind sogar eher die Regel als die Ausnahme.“ Auch müssten die Sichten von fachlichen „Außenseitern“ stärker berücksichtigt und gründlich geprüft werden, weil sie zur Aufklärung beitragen könnten.
„Zweite Pandemie“
Theißen beklagt eine „zweite Pandemie …, die noch viel zu wenig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen ist und noch viel zu wenig diskutiert wird. Ich meine die Pandemie wissenschaftlicher Arroganz und medialer und politischer Ignoranz.“ Er finde die führende Rolle einiger Wissenschaftler „besonders kritikwürdig“. Das bezieht sich auf Daszak, Drosten und andere, die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften frühzeitig alle Zweifel an der Zoonose-Hypothese verdammten. Diese Experten hätten sich „längst als interessengesteuerte Propagandisten entlarvt“.
Das Buch ist auf jeden Fall ein Beitrag zu einer offenen Debatte um die Herkunft des Virus Sars-Cov-2. Der Autor zeigt anhand zahlreicher Quellen, warum es möglich sein kann, dass es möglicherweise aus einem Labor im chinesischen Wuhan stammen könnte. Kürzlich erklärte interessanterweise der Ökonom Jeffrey Sachs: „Ich war für zwei Jahre Vorsitzender der ‚Lancet COVID-19 Commission‘. Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass das Virus aus einem US-Labor kam und nicht aus der Natur. (…) Es existieren genügend Beweise, so dass das untersucht werden sollte. Aber es wird nicht untersucht, weder in den USA noch anderswo. Ich glaube, dafür gibt es Gründe. Man will nicht zu sehr unter den Teppich schauen.“ Theißen versucht zumindest, unter den Pandemie-Teppich zu schauen.
Günter Theißen: „Das Virus – Auf der Suche nach dem Ursprung von Covid-19“
Westend Verlag 2022. 176 Seiten; ISBN: 978-3-86489-372-8; 20 Euro