17. Oktober 2022

„Tanzen hilft gegen die Angst“

Von Tilo Gräser

„Freedom Parade – Tanz um dein Leben!“ heißt der Film, den Michael Bründel alias „Captain Future“ gemeinsam mit anderen über die zwei Jahre Protest gegen die Corona-Politik produziert hat. Die „Punks des Corona-Widerstands“, wie sie sich sehen, wollen zeigen, was sie gemacht haben und weiter machen. Die „ViER.“ hat mit Michael Bründel darüber gesprochen.

Michael, Du bist Informatiker, Du bist DJ, Du bist „Captain Future“. Nun bist Du unter die Filmemacher gegangen. Wie kam es jetzt zu dem Film? Wie ist die Idee dazu entstanden?

Wir haben mittlerweile über 300 Videos produziert. Die sind zum Beispiel auf der Plattform odysee.com zu sehen. Mit den „YouTube“-Videos ging das los. Am 7. April 22 wurde die allgemeine Impfpflicht vom Bundestag abgelehnt. Ich hatte einige Wochen vorher den Alexander Tuschinski kennengelernt, ein erfolgreicher Low-Budget-Filmproduzent, der weltweit schon auf Festivals Preise gewonnen hat und Beziehungen nach Hollywood hat. Und als die Impfpflicht abgelehnt wurde und wir den ersten durchschlagenden Erfolg auf der Straße hatten mit dem, was wir tun, da hatten wir beide die gleiche Idee, dass dieses Ereignis ein wunderbarer Abschluss wäre für einen Film, den man über die damals vergangenen zwei Jahre machen sollte, von maximal zwei Stunden. In dem das auch in zehn Jahren noch konserviert ist. Und Leute, die nicht dabei waren, die nicht viel darüber wissen, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, sehen, was wir hier erlebt haben. Deshalb gibt es auch die englische Version, damit das auch weltweit gesehen werden kann.

April 2022: Die allgemeine Impfpflicht wurde abgelehnt (alle Fotos: Freedom Parade)

Ist das eine Dokumentation, ist das eine reine Chronik? Welches Etikett würdest Du draufkleben?

Eine spannende, lustige Dokumentation unserer Zeitgeschichte, auch mehr oder weniger chronologisch. Ich habe teilweise thematisch Sachen zusammengefasst. Es werden Daten eingeblendet, wann was konkret war. Alexander ist neben Regisseur auch Historiker und nimmt solche historischen Informationen sehr wichtig.

Wo kommt das Material her? Wer war alles an dem Film beteiligt?

Das ist eine Teamarbeit von der gesamten „Freedom Parade“. Ich bin dankbar für alle, die da mitgemacht haben. Alle, die Teil der „Freedom Parade“ sind, haben sich da verdient gemacht. Besonders danken möchte ich Steve Schramm, der viele Aufnahmen gemacht hat und der einen sehr tollen Humor hat und sehr viel zum Film beigetragen hat. Susanne Köhler, meine Freundin, hat viele Aufnahmen gemacht, auch Nici, und ich selber auch. Während ich den Film geschnitten habe, habe ich viele Leute gefragt und Ideen von diversen Leuten einfließen lassen.
Ich wollte, dass der Film unbedingt unter zwei Stunden bleibt, dass da eine 1 vorne steht, wenn man guckt, wie lang der Film ist. … Da steht 1 Stunde, 59 Minuten und 48 Sekunden. Länger darf es nun mal nicht sein. Aber ich habe so viel Material, da wird es noch andere Versionen geben, vielleicht eine Extended-Version, oder vielleicht noch eine ganz andere Version.

Beim Zusammenstellen des Filmes, was ist Dir da nochmal am stärksten aufgefallen, welche Momente?

Der Film handelt von April 2020 bis April 2022. Das sind genau zwei Jahre. Also es gibt ja schon von 2020 einen Film, von 2021 gibt es ein zweiteiliges Best Of. Ich habe mich hauptsächlich an diesen orientiert und da nochmal die Hälfte weggeschnitten. Nur von 2022 musste ich dann aus den Filmen, die bis dann erschienen waren, das zusammenstellen.
Mir ist aufgefallen, dass wir schon eine ganze Menge krasse Geschichten erlebt haben und ganz schön was erlebt haben und dass wir so tolle Aufnahmen haben von dieser Zeit, die wahrscheinlich einzigartig sind weltweit. Ich glaube, es wird keinen zweiten Film dieser Art zur Corona-Zeit geben.

Das ist ein Film über das, was Du als „Captain Future“ mit der „Freedom Parade“ gemacht hast. Welches Publikum sprecht Ihr an? Ist das nur für die eigenen Leute? Ist das nur für das Raumschiff, das „Captain Future“ steuert, für die eigene „Blase“, wie es immer heißt?

Natürlich auch für die eigene „Blase“. Da ist er bisher hauptsächlich gesehen worden. Aber natürlich möchten wir, dass der Film in Deutschland, international, weltweit außerhalb der „Blase“ wahrgenommen wird. Außerdem kommen immer mehr Leute auf unsere Seite, immer mehr Leute werden kritisch den Corona-Maßnahmen gegenüber. Da freue ich mich ganz besonders, wenn solche Leute den Film sehen und mal sehen, was wir eigentlich in der ganzen Zeit gemacht haben. Ob die ganzen Vorwürfe gegen uns zutreffen, da kann sich jetzt jeder selbst ein Bild machen.

August 2021: "Captain Future" und Innensenator Andreas Geisel (links), der dann flüchtet

In dem Film ist viel davon zu sehen, was Ihr zusammen gemacht habt, wie Ihr versucht habt, mit Tanzen, mit Spaß gegen diese Corona-Politik, gegen den politisch zu verantwortenden Irrsinn anzustehen, anzutanzen, anzukämpfen. Es gibt aber auch die Szenen zu sehen, wie Polizei auf Euch reagiert hat, überhaupt auf Protest reagiert hat. Welchen Anteil hat das im Film?

Jeder Film braucht ja einen Protagonisten und einen Antagonisten. Wenn es keinen Gegner, keinen Bösewicht im Film gibt, dann ist er langweilig. Und wir hatten in diesem Film sogar zwei Gruppen von Bösewichten. Das ist einmal der Staat bzw. die Polizei, und dann die sogenannte Antifa, die den Namen eigentlich nicht mehr verdient. Deshalb haben die natürlich eine sehr große Rolle in dem Film, eine zentrale Rolle. Ja, dieser Film ist wirklich eine Achterbahn der Gefühle, weil da im harten Wechsel Polizeigewalt zu sehen ist, die einen betroffen und fassungslos macht. Und dann teilweise in der nächsten Sekunde gibt es wieder lustige Szenen. Der Film lebt auch von diesem Wechsel der Gefühle. Das ist also Dokumentation, Spannung, aber auch lustig. Das ist eine ziemlich spezielle Mischung.

Wie ist es Dir gelungen, in den zwei Jahren den Spaß nicht zu verlieren an dem, was Ihr da getan habt, an dem, was Du getan hast?

Einerseits ist es ja so, dass, wer singt und tanzt, kann gar keine Angst haben. Das ist ja per se ein super Mittel, das ist von der Gehirnarchitektur so. Deswegen bin ich dafür, viel zu singen und zu tanzen auf einer Demo. Das verbindet, das stärkt, das hebt die Moral der Gruppe, schweißt zusammen und vertreibt eben die Angst. Wenn ich dann natürlich festgenommen wurde, das waren Momente, wo ich nicht gesungen habe.
Ich bin schon oft gefragt worden, wie ich das schaffe, da immer so ruhig zu bleiben, bei rund 100 Verhaftungen, die ich vielleicht erlebt habe. Also, ich glaube, grundsätzlich im Leben ist es so: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Ich bin einfach der festen Überzeugung, dass, wenn ich friedlich bleibe und freundlich, dass das dann auch so mir entgegengebracht wird und das mir dann auch nichts Schlimmes passieren wird. So ist das auch. Es gibt Einzelfälle, wo Menschen von hinten ohne jeden Grund und Vorwarnung von Polizisten attackiert wurden. Das sind aber aus meiner Sicht Einzelfälle, die zwar passieren können und tragisch sind. Wenn ich friedlich und freundlich zu den Polizisten bin, bis auf den einen „Prügel-Polizisten“, dann sind das die Polizisten auch. Und das ist ja das, was ich möchte. Wir gehen für Frieden auf die Straße. Wir rufen doch „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“. Und wenn ich für Frieden auf die Straße gehe, dann muss ich den doch auch vorleben.
Ich war immer positiv gestimmt. Am Anfang dachte ich ja noch tatsächlich, dass wir so eine Art Rechtsstaat hätten. Das hat sich nicht so sehr bewahrheitet. Aber ich kann mich nur wiederholen: Solange ich niemandem etwas tue, bin ich einfach der festen Überzeugung, dass mir dann auch nichts passieren wird. Weil, das wäre ungerecht. Ich glaube an Gerechtigkeit und Karma. Und wenn ich gut zu Menschen bin und Gutes tue, und das tue ich, dann bekomme ich jede Menge Gutes zurück. Und deswegen hatte ich da nie Angst, das zu machen, was ich tat, weil ich habe nie jemanden beleidigt, nie jemanden verletzt.

Hattest Du nie Angst?

Doch, während der Produktion des Films, habe ich eigentlich permanent in Angst gelebt, dass vielleicht jederzeit die Polizei meine Tür aufbricht und irgendwie verhindert, dass dieser Film rauskommt. Es weiß ja jeder, dass Herr Ballweg im Gefängnis sitzt wegen irgendwelchen kleinen Hinweisen, die es vielleicht gibt oder nicht. Das ist klar eine politische Geschichte. Das machte mir schon Angst. Und da gab es ja die Hausdurchsuchungen bei Paul Brandenburg oder Nina Malaika, bei verschiedenen Leuten, die wir kennen, aufgrund von hanebüchenen Begründungen. Da hatte ich Angst, dass mir das auch passieren könnte.
Ich kann nicht sagen, dass ich völlig angstlos bin. Und deswegen war mir das auch wichtig und bin ich jetzt erleichtert, dass der Film endlich raus ist und jetzt auch nicht mehr verhindert werden kann. Der Film ist draußen, der wurde hundertfach kopiert. Der ist aus der Welt nicht mehr zu tilgen.

Der Film ist seit dem 3. Oktober online zu sehen. Welche Resonanzen habt Ihr bisher bekommen?

Ich werde angesprochen auf der Straße, ich bekomme jede Menge E-Mails. Die Leute sind einfach nur begeistert von dem Film. Viele erzählen mir, dass sie ihn mehrfach hintereinander geschaut haben. Das ist echt das größte Kompliment, dass ich bekommen kann. Ich bin wirklich stolz darauf. Da habe ich jetzt wirklich etwas, was mir sehr wichtig war, vielleicht das Wichtigste in meinem Leben, das ich bisher gemacht habe. Umso mehr freut es mich, dass der so gut ankommt.
Und außerdem haben wir den Film bei 19 internationalen Filmfestspielen eingereicht. Das erste Filmfestival, das wir angeschrieben haben, hat uns direkt angenommen, das „L.A. Punk Film Festival“.
Das ist ein sehr gutes Omen, da beim ersten Festival direkt angenommen worden zu sein. Das macht doch Mut und Hoffnung, dass wir auch bei vielen anderen noch angenommen werden, und dass der Film wirklich um die Welt geht und bekannt wird. Das ist unser Ziel.
Ich hatte auch beim „Berlin Punk Film Festival“ angefragt. Darauf kam als Antwort, die Annahmefrist sei schon abgelaufen. Und außerdem seien sie dort alle „pro Impfen“, eine „Plandemie“ hätte es auch nie gegeben. Aber sie fanden es trotzdem gut, dass ich das festgehalten hätte, und da könne sich ja jeder seinen Teil denken. Das ist der Unterschied zwischen Berliner Punkern und Los Angeles-Punkern. Diffamierende Reaktionen hatten wir bisher nur einmal. Aber ich denke, je mehr Wellen der Film schlägt, auch international, desto mehr solcher Reaktionen werden wohl zu erwarten sein. Aber darauf geben wir nicht viel.

Wo ist der Film zu sehen, wenn man nicht auf ein Festival geht?

Er ist kostenlos online verfügbar, auf freedomparade.de unter „Der Film“, auf odysee.com, bei rumble.com. Und natürlich auch auf unserem Telegram-Kanal. Bei „YouTube“ habe ich bisher nur den Trailer hochgeladen. Bei „Vimeo“ hatte ich ihn hochgeladen, auf Deutsch und Englisch. Dort war die englische Version nach wenigen Stunden gelöscht. Die deutsche Version ist immer noch online.
Ladet es Euch runter und ladet es hoch, wo Ihr wollt. Das Ding soll einfach um die Welt gehen, wir hegen keinerlei finanzielle Interessen. Wir haben Null Euro Budget gehabt und erwarten auch nicht, damit Geld zu verdienen. Das ist für die Sache.

Mit Michael Bründel sprach Tilo Gräser Mitte September 2022.